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Ein Pferd an den Zügel reiten: 2. Teil

Intermédiaire
Schlüsselwörter
mise en main, légèreté, REF ART27

Um speziell daran zu arbeiten, das Pferd an den Zügel zu stellen, beginnen Sie mit einer 10- bis 15-minütigen Lösephase in allen drei Gangarten. Gönnen Sie Ihrem Pferd dann eine Pause am langen Zügel. Während dieser Pause werden Sie Ihre Arbeitstunde anhand Ihres Pferdes und Ihren Zielen im Geiste ausarbeiten und programmieren. Im Allgemeinen rate ich dazu, mit der Arbeit im Schritt auf einer ca. 10 bis 15 m großen Volte zu beginnen. Wie Sie sicher bemerkt haben, sind Pferde nicht symmetrisch, sie lassen sich im Allgemeinen leichter auf der Seite biegen, auf der die Mähne hängt. Es ist somit besser, auf dieser Hand anzufangen, da das Pferd wesentlich schneller die richtige Haltung annimmt, was deutlich besser für seine Stimmung ist. Denken Sie daran, es ist immer besser, sich auf die Stärken zu stützen, um die Schwachpunkte zu verbessern.
Wenn Sie sich Ihrer 4 Kontaktstellen bedienen, mit leichter Hand, tief herabhängenden Beinen und lockeren Muskeln, wird sich Ihr Pferd sanft kanalisiert fühlen. Man sagt oft, das Härteste, was es für das Pferd gibt, sind die Hände des Reiters! Man muss sich an etwas festhalten… der Besitzwunsch verleitet dazu, alles behalten und kontrollieren zu wollen. Die Hand verkrampft sich und wirkt rückwärts, zum Reiter hin. Sie müssen hingegen lernen, mit Ihren Händen so oft wie möglich vorzugehen, Ihre Gelenke müssen in der Bewegungsrichtung funktionieren. Nehmen Sie die Kommunikation mit Ihrem Pferd auf und lassen Sie die Energie strömen. Denken Sie stets an den Ausdruck: «Die Hand ist ein Teil des Pferdemauls.»
Verkleinern Sie die Volte allmählich und verlangen Sie eine immer stärkere Biegung um Ihren inneren Schenkel. Wenn Sie spüren, dass Ihr Pferd dazu bereit ist, mit seinem Körper und in seinem Genick nachzugeben, stellen Sie Ihre Aufforderung ein, indem Sie die Spannung Ihres eigenen Körpers nachlassen. Greifen Sie der Antwort vor: Geben Sie zu dem Zeitpunkt nach, zu dem Sie fühlen, dass das Pferd nachgeben wird, und behalten Sie einen leichten Kontakt.
Achten Sie beim Verkleinern des Zirkels auf die Vorwärtsbewegung, denn das Wenden hat oft den Schwungverlust zur Folge.
Das Pferd muss von der Nase bis zum Schweif gebogen bleiben, um perfekt die Krümmung der Volte anzunehmen. Wenn das Pferd nach innen ausweicht, schieben Sie es mit dem inneren, seitwärts treibenden Schenkel zurück nach außen.
Das Nachgeben ist erst dann vollständig, wenn das Pferd über den Rücken geht, daher ist es wichtig, in ruhigem Tempo - aber mit genügend Raumgriff - auf einer gebogenen Linie zu beginnen.

 

 

 

Die Übung kann durch die Verwendung von Hilfszügeln vereinfacht werden. Sie müssen jedoch lang genug sein und das richtige Nachgeben zulassen: Von der untertretenden Hinterhand über das Rückgrad, den Nacken und das Maul bis zur Hand des Reiters.
Bei einer derartigen Übung ist mein Geist zu 90 % damit beschäftigt, die von meinem Pferd stammenden Gefühle zu analysieren, und insbesondere, was auf der Ebene seiner Hinterhand geschieht. Ich rate allen meinen Schülern, ebenfalls in dieser Geistesverfassung zu arbeiten. Leider kann man sehen, mit welcher Bösartigkeit manche Reiter ihr Unvermögen und ihre Wut am Maul des Pferdes auslassen. Sie konzentrieren sich auf den Schwachpunkt des Pferdes und quälen und erschöpfen es dabei nur mit ihrer Verbissenheit.
Wir haben ganz im Gegenteil gesagt, dass wir uns auf die Qualitäten des Pferdes stützen müssen, um seine Schwachpunkte aufzuheben.

 

 

Aus dem Buch "Geheimnisse und Methoden eines grossen Meisters"