Sie sind hier

Ein Pferd an den Zügel reiten: 1. Teil

Intermédiaire
Schlüsselwörter
mise en main, cheval sur la main, REF ART26

Für weniger erfahrene Reiter ist es wichtig, genau zu definieren, was unter einem Pferd zu verstehen ist, das «am Zügel geht».

 

 

 

Wie wir gesehen haben, wird das Pferd in Situationen, in denen es sich bedrängt fühlt, versuchen, die Flucht zu ergreifen. Wenn Sie es zum ersten Mal mit einem Halfter und einem Strick anbinden, wird seine erste Reaktion darin bestehen, zu ziehen, um zu entkommen. Ebenso wird es versuchen, das Gebiss wieder auszuspucken, das Sie ihm ins Maul legen. Wenn es Ihre Hand am Zügelende spüren wird, wird es versuchen, sie loszuwerden, indem es mit dem Kopf schlägt. Die ganze Arbeit des Reiters besteht somit darin, mit flexiblen Armen und Fingern und leichtem Kontakt sanft dafür zu sorgen, dass das Pferd diesen Zwang annimmt.
Der letzte Schritt der Arbeit besteht darin, ein Pferd zu erhalten, das «am Zügel» geht, d.h. ein vertrauensvolles Pferd, das im Genick nachgegeben hat, um sich sanft an die Hand des Reiters anzulehnen.
Diese Haltung lässt sich nur mit Geduld und Verständnis erhalten, und zwar meistens mit tiefen und zunächst ziemlich auseinander stehenden Händen, damit der Reiter in den Armen elastisch bleibt.
Es kommt vor, dass ich mit beiden praktisch auf den Knien platzierten Händen reite. Diese geöffnete Haltung mag vielleicht übertrieben erscheinen, jedoch lässt sich auf diese Weise leichter das junge Pferd an den Zügel stellen. Natürlich rate ich nicht dazu, ständig so zu reiten. Wenn diese Haltung hingegen einige Minuten lang angewendet wird, ermöglicht sie es jedoch insbesondere bei Reitern, die die Auswirkungen ihrer Haltung auf die Haltung des Pferdes nicht bemerkt haben, eine Lösung zu finden. Es ist sinnlos sich darum zu bemühen, ein am Zügel stehendes Pferd zu haben, wenn es dem Reiter nicht gelingt, seine Hände zu fixieren. Um sich über den Einfluss Ihrer Haltung auf Ihr Pferd klar zu werden, zögern Sie nicht, es durch einen sehr guten Reiter reiten zu lassen. Sie werden feststellen, wie sehr sich Ihr Pferd dabei verwandeln kann. Dann setzen Sie es sich als Ziel, dieselben Ergebnisse zu erhalten.
Was das an den Zügel stellen anbelangt, so bemüht sich der Reiter letztend-lich darum, einen wenige Gramm schweren Kontakt zum Pferdemaul zu erhalten, und zwar unabhängig von der Haltung seiner Hände: Hoch, tief, auseinander, eng zusammen. Dieser Kontakt ist in allen Situationen gleich bleibend: Zum Abwenden, um das Pferd rechts oder links zu biegen, zum Zurücknehmen des Tempos, zum Anhalten... das Pferdemaul folgt stets vertrauensvoll der Reiterhand, und umgekehrt. (...)

 

 

Aus dem Buch "Geheimnisse und Methoden eines grossen Meisters"