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Der fliegende Galoppwechsel - 1

Intermédiaire
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REF ART38

Um ein Hindernis auf einer Bogenlinie oder nach einer Wendung anzureiten, kann das Pferd seine gesamte Kraft und sein Potenzial an Geschmeidigkeit einsetzen, wenn es auf der richtigen Hand galoppiert. Das heißt auf der Hand, die der Wendung entspricht: Im Rechtsgalopp bei einer Rechts-wendung, und im Linksgalopp bei einer Linkswendung.

Das Pferd wird nämlich u.a. durch den inneren Hinterfuß, der in der Wendung unter den Schwerpunkt tritt.

Unter Berücksichtigung ihres Alters und ihrer Erfahrung müssen somit Turnierpferde so ausgebildet werden, dass sie auf Aufforderung ihres Reiters einen Galoppwechsel machen können, und auch dazu in der Lage sein, ein Hindernis auf einer bestimmten Hand anzugehen und auf der anderen Hand zu landen.

Für die richtige Ausführung und das Begreifen einer Bewegung ist eine Experimentierphase erforderlich. Dies mag offensichtlich erscheinen, doch ich habe so viele Pferde gesehen, die blockierten, weil ihre Reiter unbedingt ihren Galoppwechsel erfolgreich durchziehen wollten.

Auch hierbei handelt es sich um eine Frage der Geistesverfassung. Bei jeder Übung, jeder Bewegung und jedem Sprung müssen die gleichen mentalen Parameter unter Kontrolle stehen. Die Angst vor dem Scheitern gehört zur Beeinträchtigung des Geistes, durch die der Fortschritt blockiert wird. Sie müssen Ihrem Pferd und sich selbst die wertvolle Zeit des Experimentierens lassen, wie bereits gesagt. Jeder hat das Recht auf Unvollkommenheit. Man muss sich vor allem ein präzises Ziel setzen und ein Umfeld vorsehen, das für die gute Ausführung der Übung günstig ist. Natürlich müssen auch hierbei die zu Beginn dieses Buches angesprochenen Fortschrittsregeln eingehalten werden. Auch wenn die große Mehrheit der Pferde in Freiheit leicht den Fuß wechselt, kann man unterscheiden zwischen:
. dem gut ausgebildeten Pferd, das wie ein Roboter mit jedem beliebigen Reiter auf Verlangen den Fuß wechseln kann,
. dem begabten jungen Pferd mit einem erfahrenen Reiter,
. und schließlich dem unerfahrenen Pferd mit einem unerfahrenen Reiter.
Die beiden ersten Kategorien bereiten keine Schwierigkeiten. Für die dritte Kategorie gilt jedoch weiterhin das Sprichwort: «Junger Reiter, altes Pferd – alter Reiter, junges Pferd.» Anders ausgedrückt, wenn sowohl Sie selbst als auch Ihr Pferd unerfahren sind, ist es besser, wenn jeder zunächst alleine den Galoppwechsel lernt. Auf diese Weise werden Sie selbst und Ihr Pferd viel schnellere Fortschritte machen. Es ist immer besser, mit einem Pferd oder einem Reiter, der seine Sache gut beherrscht, Routine zu gewinnen. Wie bereits gesagt: Gute Pferde und gute Reiter erhält man durch gute Übungsstunden. Darum ist es wichtig, nicht gleichzeitig die Pferde und die Reiter vor unüberwindbare Schwierigkeiten zu stellen, sondern auch die physischen und mentalen Parameter zu berücksichtigen, die für die gute Ausführung der Übung erforderlich sind.

Das Pferd muss vor allem vertrauensvoll angaloppieren können. Wenn es dazu in der Lage ist, Schritt-Galopp-Übergänge und Galopp-Schritt-Übergänge in aller Ruhe auszuführen, ist die Vorbereitung auf dem besten Wege. Ebenfalls ist eine gute Galoppqualität (vgl. Kapitel 9), sowohl auf der linken als auch auf der rechten Hand, die Vorbedingung für den erfolgreichen Galoppwechsel. Damit meine ich ein Pferd, das auf einer Volte von 8 m Durchmesser galoppieren kann, wobei der Reiter nur leicht mit den Schenkeln und den Händen einwirkt.

Sofern diese Vorbedingung nicht erreicht ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass ein Galoppwechsel möglich ist. Natürlich kann man trotzdem sein Glück versuchen, doch dies ist nicht sehr aussichtsreich...